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Vom Kreisverkehr zum Betriebserlebnis (1)

Betriebserlebnis

Willst du eine Modellbahn oder einen Lokomotivzirkus? Soll die Anlage auch nach der Fertigstellung noch interessant sein? Ein Erfahrungsbericht.

Einleitung
Im Anfang war das Oval
Die klassische Grossanlage
Hauptbahn mit abzweigender Nebenbahn
Punkt zu Punkt: Hundeknochen
Punkt zu Punkt: Einspurige Nebenbahn
Der Schattenbahnhof
Raumausnutzung
Das Betriebserlebnis
Mittelmass oder Charakter?
Betrieb nach Fahrplan
Güterverkehr: Wagenkarten und Frachtzettel
Güterverkehr: Rangierliste
Wider den tierischen Ernst
Die flexible Anlage: Punkt zu Oval
Über die Grenzen hinaus
Nachwort

 


 

Einleitung

Jeder Modellbahner träumt davon, seine Züge durch eine imposante Landschaft fahren zu lassen und so einen möglichst "echten" Eindruck der grossen Eisenbahn in seinem Hobbyraum aufleben zu lassen. Doch allzu oft entpuppt sich die fertige Anlage als langweilig und wird nach einiger Zeit abgerissen, um einer neuen Anlage Platz zu machen, der es auch nicht anders ergehen wird. Was läuft hier falsch?

Manche Modellbahner kapitulieren vor der Situation und sagen: "Nur das Bauen ist interessant." Diese Meinung teile ich nicht. Wenn die fertige Anlage langweilig ist, ist mit dem Gleisplan etwas Grundsätzliches schief gegangen. Hugo Schwilch schrieb 1982 in der Artikelserie "vom Kreisverkehr zum Betriebserlebnis" in der "Modell-Eisenbahn" (heute "Loki"):

Ein möglichst vorbildgetreuer Fahrbetrieb ist die wichtigste Voraussetzung für eine interessante Modellbahn.

Die Artikel von Hugo Schwilch haben meine modellbahnerische Entwicklung geprägt. Viele Jahre später (2003) erhielt ich durch den Artikel "Ideale im Wandel" von Bertold Langer in MIBA Spezial 57 "Traumanlagen" einen weiteren wichtigen Impuls. Ich hoffe, die Erfahrungen aus meiner Modellbahntätigkeit mögen dem einen oder anderen eine Hilfe sein, seinen eigenen Weg zu finden.

 

Im Anfang war das Oval

Oval (z.B. aus Startpackung)

Die meisten Modellbahner beginnen mit einem Oval, z.B. aus einer Startpackung. Vielleicht noch ein Ausweichgleis oder ein, zwei Abstellgleise - und fertig ist die Startanlage. Das ist auch gar nicht schlecht, denn bereits mit dem einfachen Oval können elementare Fertigkeiten erlernt werden. Und das Wichtigste: Die Züge können bereits fahren. Auch mein eigener Weg hat mit solch einer Testkreis-Anlage begonnen. Darauf liess ich alles fahren: Personenzüge, Güterzüge, internationale und Expresszüge - was das Herz begehrte. Und es hat Spass gemacht!

Jedoch war es offensichtlich, dass ich die Fantasie ganz gehörig strapazieren musste, wenn ich beispielsweise einen Schnellzug seine Runden drehen liess auf dem Oval von etwa 180cm Streckenlänge. Möglicherweise habe ich das nur ertragen, weil dies von Anfang an nur als Übergangslösung gedacht war. Innert Jahresfrist hatte ich genügend Gleise beisammen für eine grössere, "richtige" Anlage.

Fortgeschrittenes Oval

Die Anlage mass nun gutbürgerliche 55x190cm und das Oval war dementsprechend gut 4m lang. Der Bahnhof war recht interessant und bot einige Möglichkeiten. Auch diese Anlage hat viel Spass gemacht! Aber auch hier kehrte der Expresszug nach einer Runde wieder zum Ausgangspunkt zurück. Und da in der Zwischenzeit auch mein Rollmaterialpark deutlich angewachsen war, waren alle Gleise im Bahnhof ständig zugeparkt. Der einzige Fortschritt war das Gleisdreieck und die Möglichkeit, daran eine Erweiterung anzuschliessen. Tatsächlich spielte das Gleisdreieck mit dem Gleisstummel eine sehr wichtige Rolle, denn es war die einzige Möglichkeit, einen Zug woanders als im Ausgangsbahnhof enden zu lassen.

Eine Erweiterung mit Schattenbahnhof anzufügen, wäre eine interessante Möglichkeit gewesen. Doch dazu kam es nicht - aus verschiedenen Gründen. Und so, wie sie war, war die Anlage immer noch ein Oval mit Bahnhof - im Grunde das gleiche Konzept wie bei der Anlage aus der Startpackung.

Im richtigen Leben fahren die Züge nicht im Kreis herum, sondern von Bahnhof zu Bahnhof und wieder zurück. Aus einem Oval mit nur einem Bahnhof wird deshalb nie eine Modellbahn.

Wir brauchen eine andere Lösung.

 

Die klassische Grossanlage

Grossanlage (Eisenbahnnetz)

Versuchen wir es mit einem "Eisenbahnnetz". Da gibt es verschiedene Durchgangs-, Abzweig- und Endbahnhöfe, wie in echt. Auch die bekannten Messeanlagen der einschlägigen Grossserienhersteller sind im Grunde ähnlich aufgebaut. Betrachten wir beispielhaft den Plan der DB-Modelleisenbahnanlage an der Deutschen Verkehrsausstellung vom Jahr 1953:

 
Modelleisenbahn an der Deutschen Verkehrsausstellung von 1953

Vier Jahre nach ihrer Gründung zeigte die Deutsche Bundesbahn auf der Deutschen Verkehrs-Ausstellung (DVA) in München auf 10x60m eine riesige Spur 0 Modelleisenbahnanlage. Die Anlage wurde von drei Original-Stelltischen gesteuert. Die Steuerung aus 2500 Relais war in einem Nebenraum aufgebaut. Diese Anlage sprengte alles bisher Dagewesene.

Als ich 2003 im Miba Spezial 57 "Traumanlagen" den Bericht über diese Anlage sah, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Diese Anlage wurde bei uns zum Ideal! Sie und zahlreiche ähnliche Grossanlagen prägen bis heute den Modellbahnbau bei uns. Nicht umsonst werden die meisten Anlagen im deutschsprachigen Raum von einem zentralen Stelltisch aus gesteuert, wobei sämtliche Funktionen (Weichen etc.) elektrisch ferngesteuert sind.

Solch eine Grossanlage fasziniert zweifellos! Und es gibt zahlreiche Fahrmöglichkeiten. Als Teenager lag ich halbe Nächte lang wach und füllte in Gedanken das Elternhaus mit Modellbahn ab, inklusive zahlreicher Mauerdurchbrüche etc. Herz, was willst du mehr?

Es gibt da nur ein kleines Problem: Die Anlage ist für eine Einzelperson nicht beherrschbar. Das wäre allenfalls etwas für eine Clubanlage. Eine Einzelperson ist mit dem Betrieb so eines Monstrums jedoch hoffnungslos überfordert. :-( Meine Erfahrung ist: Mehr als einen Bahnhof, mehr als 1-2 Züge gleichzeitig zu kontrollieren ist kein Spass mehr.

Natürlich kann man sich mit einer Automatik egal welcher Bauart behelfen. Das mag eine Lösung sein für jemanden, der gerne zugucken möchte. Doch wenn ich den riesigen Aufwand an Zeit und Geld investiere und am Schluss nur einen Automaten im Hobbykeller habe, und nur zuschauen kann - dann ist das für mich irgendwie auch nicht die richtige Lösung.

Vollautomatik bringt's nicht. Schliesslich will ich selber Eisenbahn spielen!

Sonst wären ein paar Besuche im Miwula mit Abstand die preiswertere Wahl.

 

Hauptbahn mit abzweigender Nebenbahn

Betrachten wir nun eines der beliebtesten Anlagenkonzepte im deutschsprachigen Raum: Die Hauptbahn mit abzweigender Nebenbahn. Das Konzept ist auf den ersten Blick bestechend, denn es bietet von allem etwas: Hauptbahnverkehr, Nebenbahnromantik, Rangierbetrieb. Und so eine Anlage lässt sich in einem durchschnittlichen Hobbyraum gerade noch unterbringen.

Hauptbahn mit abzweigender Nebenbahn

Zunächst eine Version mit Betonung der Hauptbahn - für alle Liebhaber von Hauptbahnverkehr. Das Grundkonzept dieser Anlage ist ein zweigleisiger Hundeknochen mit je einem verdeckten Schattenbahnhof an den Enden (Aadorf und Celerina). In der Mitte der langen sichtbaren Doppelspurstrecke liegt der Abzweigbahnhof Beromünster, wo eine kurze Stichbahn nach Dachsen abzweigt.

Dieses Konzept ist schon ganz brauchbar. In der Praxis wird es im "einmännigen Betrieb" jedoch schwierig sein, die Nebenbahn zu betreiben, da sich der Verkehr auf die Hauptstrecke konzentriert. Das ist mir mit der Anlage Seldwyla im Vollausbau so ergangen: Die Nebenstrecke nach Obertupfingen spielt nur noch eine untergeordnete Rolle - ich "vergesse" sie sozusagen. Anders ist es, wenn weitere Mitspieler vorhanden sind: Dann hat jeder "seine" Strecke oder "seinen" Zug.

Hauptbahn mit abzweigender Nebenbahn

Wenn die Nebenbahn betont wird, fristet die Hauptbahn buchstäblich ein Schattendasein: Sie ist, von kurzen Streckenstummeln bis zu den Tunnels zum Schattenbahnhof, inexistent.

Man kann es drehen und wenden wie man will:

Die Hauptbahn mit abzweigender Nebenbahn ist für einmännigen Betrieb schlecht geeignet.

Die Konsequenz aus diesen Betrachtungen ist: Konzentriere dich auf das eine oder andere - Hauptbahn oder Nebenbahn. Beides miteinander geht nur im Rahmen einer Clubanlage bzw. wenn mehrere Mitspieler vorhanden sind.

 

Punkt zu Punkt: Hundeknochen

Wir haben schon festgestellt: Im richtigen Leben fahren die Züge nicht im Kreis herum, sondern von Bahnhof zu Bahnhof. Züge starten also in A und fahren über B nach C, von wo sie später wieder zurückkommen werden. Diese lieare Streckenentwicklung ist das Kernstück jeder Punkt-zu-Punkt-Anlage.

Punkt zu Punkt: Hundeknochen

Der klassische "Hundeknochen" mit Unterwegsbahnhof und Schattenbahnhöfen an den Enden entspricht dem Punkt-zu-Punkt-Konzept und erlaubt Hauptbahnverkehr. So eine Anlage kann von einer Person betrieben werden, indem ein Zug manuell im Schattenbahnhof Aadorf abgerufen, über die Strecke nach Beromünster und weiter zum zweiten Schattenbahnhof Celerina geführt wird, wo der Zug auf seine Rückfahrt wartet - die Ideallösung für jemanden, der schon immer Fahrdienstleiter werden wollte. Dieses Konzept eignet sich auch hervorragend für den Betrieb nach Epoche IV/V, der beim Personenverkehr von Wendezügen und beim Güterverkehr von Ganzzügen dominiert wird. Bei genügend Streckenlänge und Abwechslung bei den Zügen wird das nie langweilig.

Nach diesem Konzept werden im Grunden genommen auch die meisten modularen Ausstellungsanlagen betrieben.

Die Anlage lässt sich auch teilautomatisieren mit Streckenblock und automatischen Schattenbahnhofsteuerungen. Der händische Betrieb konzentriert sich dann auf den Unterwegsbahnhof. Dadurch kann sich der Fahrdienstleiter noch besser auf seinen Unterwegsbahnhof konzentrieren. Die Automatisierung ist aber nicht unbedingt erforderlich. Ich persönlich würde gut einsehbare Schattenbahnhöfe (ev. mit Überwachungskameras) und manuellen Betrieb vorziehen - denn alles, was nicht da ist, kann auch nicht kaputt gehen.

Punkt zu Punkt: Hundeknochen mit Kopfbahnhof

Eine dankbare, betriebsintensive Variante dieses Konzepts ist ein "gefalteter" Hundeknochen mit Kopfbahnhof in der Mitte. Und zwar auch dann, wenn wegen Epoche IV/V alle Züge verpendelt sind.

 

Punkt zu Punkt: Einspurige Nebenbahn

Punkt zu Punkt geht aber auch mit einer einspurigen Nebenbahn. Wiederum fahren die Züge vom Schattenbahnhof A über B nach C. Dort wird gewendet und wieder zurückgefahren.

 
Punkt zu Punkt: Einspurige Nebenbahn

 
Auf den ersten Blick mag diese Anordnung wenig ergiebig aussehen. Doch der Schein trügt! Das Weglassen von Kehrschleifen u.ä. stellt sicher, dass die Züge nicht einfach um 180° gedreht zurückkommen, sondern ihre Fahrrichtung tatsächlich gewechselt haben. Die Endbahnhöfe machen das Umsetzen der Lok ans andere Ende des Zuges erforderlich. Das Umsetzen der Lok - oder gar ein Lokwechsel - ist ein Manöver, das den Betrieb ungemein bereichert! Im Zwischenbahnhof B können sich Züge kreuzen oder überholen. Und wer in Epoche III/IV fährt, kann in jedem Bahnhof emsigen Güterverkehr nachbilden. Die knappen Gleisanlagen in den Bahnhöfen erfordern geplantes Vorgehen beim Ausführen der Rangiermanöver.

Auch in Ep.V ist Wagenladungsverkehr noch möglich, obwohl der bahneigene Stückgutverkehr weitgehend aufgegeben und durch LKW-Verkehr abgelöst wurde. Trotzdem sind da und dort noch Industriebetriebe mit Bahnanschluss vorhanden, die bedient werden wollen. Der Personenverkehr wird überwiegend verpendelt abgewickelt, was aber trotzdem interessant ist.

Idealerweise besitzt jeder Bahnhof sein eigenes, dezentrales Stellpult. Das vereinfacht die Elektrik und verstärkt den Eindruck, dass die Anlage wirklich aus verschiedenen Betriebsstellen besteht.

Dieses Konzept ergibt viel Arbeit für die Bedienperson. Aufgrund der einfachen Bahnhöfe wird mit dem kleinsten Aufwand an Gleisen, Weichen und Steuerung ein Maximum an praktischem Modellbahnbetrieb ermöglicht.

Sofern mit Handreglern gefahren wird, kann die Bedienperson ihren Zug aus nächster Nähe mitverfolgen: Von schräg hinten zur Lok geschaut, verschwimmt das Schwellenband unter dem fahrenden Zug. Man fährt sozusagen mit - die Ideallösung für Modellbahner, die am liebsten Lokführer geworden wären. Deshalb entspricht auch meine eigene Modellbahn diesem Konzept. Und zwar sowohl die ursprüngliche Anlage Seldwyla als auch der Vollausbau, wenn ich die Züge von Seldwyla nach Ferndorf oder Obertupfingen fahren lasse.

Die lineare Punkt-zu-Punkt-Anlage mit dezentralen Stellwerken bietet aber noch einen anderen Trumpf: Die Anzahl Mitspieler ist variabel! Wenn ich allein bin, kann ich die Anlage allein betreiben, Zug um Zug. Wenn jedoch die Kinder mitspielen wollen oder Besuch kommt, kann ich den zusätzlichen Mitspielern weitere Regler in die Hand drücken und dann geht der Spass gemeinsam los. Man muss zwar auf Gegenzüge und Weichenstellungen achten, aber auch Kinder haben bald den Bogen raus. Und was gibt es für einen Besuch eindrücklicheres, als statt die Modellbahn nur zu gucken, selbst damit zu fahren?

 

Der Schattenbahnhof

Warum eigentlich Schattenbahnhöfe? Weil es niemals möglich ist, das gesamte nationale Eisenbahnnetz in einen Hobbyraum von einigen Quadratmetern zu quetschen - auch wenn wir das eigentlich sollten, um "richtigen" Betrieb darzustellen. Der Schattenbahnhof stellt die grosse, weite Welt dar - aber eben "im Schatten", vergleichbar dem Raum hinter einer Theaterbühne. Der Schattenbahnhof ermöglicht es uns, alle einzusetzenden Zugskompositionen bis zu ihrem Einsatz abzustellen. Das Abstellen erfolgt an einem neutralen Ort, so dass die landschaftlich gestaltete Anlage nicht mit Zügen überladen wird.

 

Schattenbahnhof (schlechtes Beispiel)

Der Schattenbahnhof versorgt die Anlage mit "frischen" Zügen. Dazu muss er Aufgaben wie Speicherung und Zugbildung erfüllen. Aber bitte nicht als Monstrum wie im Bild oben gezeigt! Wer solch ein Ungetüm bauen will, sollte sich ernsthaft überlegen, den Schattenbahnhof aus dem Schatten ans Licht zu holen und zum Hauptthema zu machen - etwa wie beim gefalteten Hundeknochen mit Kopfbahnhof weiter oben.

Schattenbahnhöfe sollen simpel sein. Zum einen wird dadurch die Betriebssicherheit gesteigert. Zum andern wirkt sich das günstig aus auf das Verhältnis von sichtbarer zu unsichtbarer Strecke. Bei meinen eigenen Anlagen habe ich festgestellt: Ich will die Züge fahren sehen. Hören genügt mir nicht.

Schattenbahnhof mit Wende

Dies ist ein Schattenbahnhof, der am Ende einer Doppelspurstrecke platziert werden kann. Die Wende ermöglicht, dass die Züge auf dem anderen Gleis der Doppelspur wieder zurück zur Anlage fahren können. Beim Einsatz an einer Einspurstrecke wird die "Kehrkurve" einfach zur vollständigen Kehrschleife zusammengefügt, denn Ein- und Ausfahrgleis sind ja nun identisch.

Beachte die Anordnung der Weichen: Diese ist so gewählt, dass in den Weichenstrassen keine Gegenbogen ohne Zwischengerade entstehen. Auch dies wirkt sich positiv auf die Betriebssicherheit aus - nicht nur im Schattenbahnhof.

Schattenbahnhof als Kopfbahnhof

Dies ist ein Schattenbahnhof, der am Ende einer Einspurstrecke platziert werden kann. Er ist eine einfache Gleisharfe. Mehr braucht es nicht. Pendelzüge benötigen sowieso nicht mehr, und bei lokbespannten Zügen wird die Lok umgesetzt - entweder mit dem Fünffingerkran, oder indem die Lok abgehängt wird und eine andere Lok aus einem der kurzen Abstellgleise links an den zug fährt. Wie in einem Kopfbahnhof. Dadurch entsteht von selbst ein guter Lokumlauf und Abwechslung im Zugsbild! Mein eigener Seldwyla-Schattenbahnhof ist nach diesem Konzept aufgebaut und hat sich in all den Jahren sehr gut bewährt.

Dieser Typ eignet sich auch für Doppelspurstrecken, indem mit einer Weiche ein zweites Streckengleis angebunden wird. Er ist betriebsintensiver als der Typ mit Schleife, bietet aber die Möglichkeit, Züge umzustellen und neu zu bilden. Diese Art von Schattenbahnhof wird auch Fiddle Yard oder "Grabbelbahnhof" genannt.

Beachte auch hier die Anordnung der Weichen: Diese ist so gewählt, dass auch die längsten Züge den Blick auf die Weichen nicht versperren können. Das ermöglicht den Einsatz von preiswerten Handweichen.

Die Konzepte "Schleife" und "einfache Gleisharfe" können auch kombiniert werden. Das sieht dann beispielsweise so aus wie bei meinem Wendemodul.

Schattenbahnhöfe sollten so viele Gleise wie möglich haben. Die Abwechslung auf der Anlage wird massgeblich bestimmt vom Speichervermögen des Schattenbahnhofs. Und auch ein vermeintlich grosser Schattenbahnhof ist spätestens nach der dritten Weihnacht voll...

Schattenbahnhöfe müssen gut zugänglich sein. Nichts ist ärger, als einen entgleisten Zug an der unzugänglichsten Stelle der Anlage mit verrenkten Fingern und verbogenem Oberkörper zu bergen - womöglich noch ohne Sichtkontakt - während einem ein paar Schrauben, Klemmen oder Drähte ins Gesicht stechen! Ich plädiere deshalb dafür, dass oberhalb eines jeden Schattenbahnhofs wenigstens 15-20cm "Luft" vorgesehen werden, gemessen ab Schienenoberkante.

Zugriff zum Fiddle Yard

Eine gute Möglichkeit (und bei einem Fiddle Yard sowieso unverzichtbar) ist es, den Schattenbahnhof am vorderen Anlagenrand (unter dem landschaftlichen Teil) zu platzieren, so dass mit der Hand von vorne leicht zugegriffen werden kann. Eine andere sehr gute Möglichkeit ist es, den Schattenbahnhof aus dem "Schatten" herauszuholen und am anderen Ende des Zimmers offen aufzustellen.

 

Raumausnutzung

Raum ist in der kleinsten Hütte! "Kein Platz" gibt es nicht. Man kann eine Modellbahn auch 40cm über dem Schreibtisch oder in einem Bücherregal unterbringen - ich habe gleich beides gemacht. Für die folgenden Betrachtungen nehmen wir jedoch an, wir hätten ein kleines Zimmer mit 11.25m2 Fläche für die Modellbahn zur Verfügung.

Raumausnutzung

Die grösste Rechteckanlage, die in diesen Raum (2.5x4.5m) passt, misst 1.2x4.5m (linkes Bild) und hat eine Fläche von 5.4m2. Die mittlere Länge (Mittelwert aus Länge der Vorder- und Hinterkante) misst 4.5m. Diese Werte sind gar nicht mal schlecht. Es gibt da nur ein kleines Problem: Die Tiefe der Anlage beträgt 1.2m. Was weiter als 80-90cm vom vorderen Anlagenrand entfernt ist (im Bild dunkelgrau markiert), ist nur schwer zugänglich. Es besteht die Gefahr, dass der Pullover an den Baumwipfeln hängen bleibt.

Also die Anlage mitten in den Raum stellen (mittleres Bild). Nun ist sie zwar von allen Seiten gut zugänglich. Das Problem ist jetzt die Gangbreite: Unter 70cm sollte nicht gegangen werden. Vor allem nicht auf der gesamten Länge! So ergibt sich für diesen Raum eine Anlage mit den maximalen Abmessungen von lediglich 0.9x2.9m und einer Fläche von nur noch 2.6m2. Immerhin kann die Anlage rundherum genutzt werden. Für die Berechnung der mittleren Länge ging ich daher von einem "Ring" mit 45cm Breite aus. Das ergibt eine mittlere Länge von 5.8m - mehr als bei der Rechteckanlage an der Wand, trotz der kleineren Fläche.

Statt die Anlage in der Mitte und Gang drumrum könnten wir es auch umgekehrt machen: Anlage aussen und Gang in der Mitte (rechtes Bild). Bei 90cm Gangbreite und 80cm Anlagenbreite ergibt sich eine nutzbare Fläche von 7.1m2 und eine mittlere Länge von 8.9m!

Die An-der-Wand-lang-Anlage hat bei der Raumausnutzung die Nase vorn.

Die Anlage könnte weiter verlängert werden, wenn das "U" mit einer Anlagenzunge zum "E" erweitert wird. Das wird aber bei 2.5m Raumbreite ausserordentlich knapp. Es sei denn, man baut auf der Zunge eine Spitzkehre statt einer U-förmigen Kurve.

Ein Wort zur "mittleren Länge": Der Mittelwert aus Länge der Vorder- und Hinterkante entspricht dem Wert, den man erhalten würde, wenn man die Anlage "gerade biegt". Sie entspricht ungefähr der tatsächlich nutzbaren Streckenlänge. Die Kantenlänge der Anlage ist zwar einfacher zu ermitteln, entspricht aber nicht der effektiv erzielbaren Streckenlänge, wenn die Anlage ums Eck gezogen ist.

Wenn wir senkrecht vor der Anlage stehen, kann unser Gesichtsfeld eine Szene von etwa 2 bis 2.5 Meter Breite wahrnehmen. Für breitere Szenen sind wir gezwungen, schräg gegen die Anlage zu blicken. Wenn wir eine Punkt-zu-Punkt-Anlage bauen wollen, können wir uns diesen Umstand zu Nutze machen: Etwa alle 2.5m kann eine neue Szene beginnen, so dass ein natürlicher Ablauf in die Landschaft kommt: Bahnhof Aadorf - Strecke - Bahnhof Beromünster - Strecke - Bahnhof Celerina usw. Darum ist nicht nur die Anlagenfläche, sondern auch die effektiv nutzbare Länge von Interesse.

Wenn es irgendwie geht, sollten die Fahrstrecken zwischen zwei Bahnhöfen allerdings deutlich länger sein als 2.5m! Die Fahrzeit wird sonst schlicht zu kurz.

Noch in einem weiteren Zusammenhang überzeugt die An-der-Wand-lang-Anlage: Es genügt nicht, nur den Kopf ein wenig zu drehen, um verschiedene Szenen betrachten zu können. Vielmehr müssen wir den Betrachterstandpunkt physisch wechseln. Wir müssen uns buchstäblich in eine andere Szene begeben, um sie betrachten zu können. Das unterstützt den Eindruck, dass wir uns durch die kleine Welt bewegen.

Bis jetzt haben wir nur zweidimensional gedacht. Wenn wir die dritte Dimension einbeziehen, kann die Anlage noch wesentlich länger werden:

Raumausnutzung dreidimensional

Schon bei der Rechteckanlage (linkes Bild) wird durch Hinzufügen eines Gleiswendels eine zweite Ebene möglich. Dadurch wird die nutzbare Fläche und die mittlere Länge nahezu verdoppelt! - Nachteil: die Strecke im Wendel von der unteren Etage (dunkelgrau) zur oberen Etage (hellgrau) wird relativ lang, nämlich etwa 16m bei 40cm Etagenabstand und 2.5% Steigung. Bei Seldwyla habe ich deshalb minimierte Etagenabstände verwendet. Dadurch ist aber die untere Ebene nicht voll nutzbar. Es braucht also Kompromisse. Und natürlich könnte nicht nur ein Rechteck, sondern die gesamte An-der-Wand-lang-Anlage verdoppelt und mit einem Wendel verbunden werden.

Wenn die gesamte Anlage als "Wendel an der Wand lang" angeordnet wird (mittleres Bild), liegt die gesamte Strecke in der Steigung, Bahnhöfe ausgenommen. Wir beginnen unten rechts auf dem dunkelgrauen Teil und fahren im Gegenuhrzeigersinn. Es braucht noch etwa 1-2 Kehrtunnels oder Schleifen, damit die Streckenlänge von 16m auf einem Umgang im Zimmer erreicht wird. Anschliessend geht es mit einer herausnehm- oder klappbaren Brücke in die zweite Etage (hellgrau), die nochmals eine ganze Umdrehung im Zimmer ausführt. So entsteht die sensationelle Raumausnützung von 122% der Bodenfläche!

Herausnehmbare Brücken sind nicht jedermanns Sache. Tatsächlich geht es auch ohne (siehe rechtes Bild): Wir beginnen unten links in der ersten Etage (dunkelgrau) und fahren im Uhrzeigersinn. In der rechten unteren Ecke erreicht die Strecke die obere Ebene (hellgrau), wendet und fährt im Gegenuhrzeigersinn bis zum Endpunkt, der sich über dem Ausgangspunkt befindet. Die scheinbar kleinere Fläche kommt von der schmaleren Anlagenbreite. Die mittlere Länge erreicht mit fast 21m den Maximalwert!

Die letzte Anlagenform (rechtes Bild) eignet sich ausserordentlich gut für eine Spitzkehre oder einen Kopfbahnhof.

 

 

 

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